Bergpark: Liebevolle Handarbeit fürs Dach des Taubenhauses

25 Aug. 2011

Eppsteiner Zeitung vom 25.8.2011
Bergpark: Liebevolle Handarbeit fürs Dach des Taubenhauses


Schon seine an eine Pagode erinnernde Form, eine Fachwerkkonstruktion aus Rundhölzern mit einem Kreuzdach, machen das Taubenhaus im Bergpark Villa Anna zu einem besonderen Gebäude. Seinen alten Glanz bekommt es jedoch erst, wenn das Dach wieder mit farbigen Ziegeln gedeckt ist. Die werden gerade in der Ziegelmanufaktur Ullrich bei Karlsruhe hergestellt. Thomas Ullrich hat sich vor etwa zehn Jahren die Rechte für die Herstellung der historischen Ludowici Ziegel gesichert, wie sie auch beim Bau des Taubenhauses verwendet wurden, und sich auf die Produktion von Dachziegeln, Zierschmuck und Firstfiguren für denkmalgeschützte Gebäude spezialisiert.

"Das neue Dach fürs Taubenhaus ist gewissermaßen eine Maßanfertigung", sagt die Vorsitzende des Fördervereins Dr. Diana Seiler, denn weltweit hat nur diese Ziegelmanufaktur die original Pressformen und Modelle für die im Bergpark verwendeten "Falzbiberziegel". Sogar die Gipsformen für die handgeformte Zierspitze, Modell "S 5", sind noch vorhanden. Laut Ullrich eine ganz besondere Herausforderung: 14 Einzelteile werden zu sieben Grundformen zusammengesetzt und mit Ton gefüllt. Die feuchten Rohlinge, Stab, Kugel, vier Blüten, und die handgeformte Spitze werden mit Schlicker zusammengefügt und langsam getrocknet, damit sich weder Risse noch Blasen im Inneren bilden. Die kristallschwarze Glasur wird direkt nach dem Trocknen aufgetragen und gebrannt.

Bei 1080 Grad Celsius werden die insgesamt 2163 Ziegel so widerstandsfähig, dass sie Wind und Wetter genauso lang stand halten, wie die um 1885 gefertigten Originale, ist Thomas Ullrich überzeugt. Dazu muss alles stimmen: von der Tonmischung, die die gleiche mineralische Zusammensetzung hat wie der original Ton aus den Ludovici-Tongruben im pfälzischen Jockgrimm, bis zur schützenden Glasur mit ihrem besonders langlebigen Glanz.

Seiler, die als Fernsehjournalistin für den Hessischen Rundkfunk arbeitet, hat vor einigen Tagen die Ziegelei zusammen mit ihrem Mann, dem Kameramann Oliver Klös besucht, und Aufnahmen für den Bergparkfilm 2011 gemacht. Wie berichtet, drehen Seiler und ihr Mann jedes Jahr einen rund dreiminütigen Trailer über den Bergpark, der die wichtigsten Ereignisse des Jahres festhält. Derzeit entsteht der dritte Film. Die Renovierung des Taubenhauses gehört mit Sicherheit zu den Höhepunkten. Nicht nur, weil sie mit Kosten in Höhe von 45000 Euro das bisher teuerste Projekt des Vereins ist, sondern auch wegen der Besonderheit des Bauwerks.

In der Ziegelmanufaktur führte der Firmeninhaber die Journalistin und den Kameramann zur historischen Schlittenpresse und den original Ziegelmatritzen, wie sie schon vor über 100 Jahren für zahlreiche Jugendstildächer verwendet wurden. In der Matritze werden jeweils drei Ziegel gleichzeitig gepresst. Bis zu 150 Pressvorgänge leistet die Maschine pro Tag, "das sind rund 450 Ziegel", rechnet Ullrich vor. Dafür hat er die Maschine eigens überholen und restaurieren lassen.

Jeder einzelne Ziegel wird mehrmals in die Handgenommen: Sobald die Rohlinge aus der Form gekippt werden, werden die Kanten entgratet, und die Ziegel zum Trocknen ins Regal geschoben. Nach drei Wochen sind sie trocken und werden von Hand glasiert. "Als Herr Ullrich die Glasuren für unsere Ziegel anrührte, mussten wir die Werkstatt verlassen. Ihre Zusammensetzung ist Betriebsgeheimnis", sagt Seiler. Ullrich bestätigt: "Der langlebige Glanz der warmen Erdfarben ist einmalig." Außerdem werden die Glasuren dank ihrer Rezeptur auf die ungebrannten Ziegel aufgetragen. "Kein Ziegel gleicht dem anderen. Das gibt jedem einzelnen eine persönliche Note und dem Dach seinen lebendigen Glanz", sagt Ullrich. 48 Stunden lang sind die Ziegel im Brennofen, der langsam aufgeheizt und langsam abgekühlt wird. Die fast kalten Ziegel werden herausgeholt und mit einem Hammer leicht angeschlagen. Der Klang verrät, ob der Ziegel gelungen ist. Erst nach dieser Probe werden sie für den Transport verpackt.

Wegen der aufwändigen Herstellung werden die Ziegel fürs Taubenhaus nur am Wochenende produziert, hat Seiler beobachtet. Deshalb dauert die Produktion etwas länger. Sobald die letzten Schmuckteile, First- und blattförmige Gratziegel, fertig sind, wird ausgeliefert. "Die Kunden sitzen immer auf heißen Kohlen und wollen die Ware so schnell wie möglich", sagt Ullrich schmunzelnd. Davon lässt er sich nicht drängen: "Das Material muss lang genug ruhen und ganz trocken sein, damit es seine Beständigkeit erhält", weiß er aus Erfahrung. Voraussichtlich ist es im Oktober so weit.

Seiler hofft, bis dahin noch zahlungskräftige Sponsoren zu finden: 6660 Euro hat der Verein bislang gesammelt, fehlen noch gut 13300 Euro zum Eigenanteil des Vereins. Diana Seiler ist zuversichtlich, dass spätestens beim Auftritt des Vereins am ersten Oktoberwochenende auf dem Wochenmarkt noch einige Sponsoren gewonnen werden. Dort werden attraktive Preise verlost. Außerdem erhält jeder für 10 Euro einen symbolischen Anteil an einem Ziegel.

Weitere Infos stehen auf der Internetseite des Förderkreises www.eppstein-bergpark.de. bpa