Turm als Symbol der Macht

25 Apr. 2013

Eppsteiner Zeitung vom 25.04.2013

Turm als Symbol der Macht

„Der Bankier Neufville hat sich keinen Bankenturm, wohl aber einen Burgturm gebaut“, erklärte Stadtarchivarin Monika Rohde-Reith bei ihrer Führung durch den gesamten Bergpark Villa Anna bis hinauf zum Neufville-Turm am vergangenen Sonntag. Für seine Familie hatte Alfred de Neufville (1856–1900), Finanzexperte seiner Zeit, auf das 1884 gekaufte Grundstück die Villa mit Kavaliershaus erbauen und das Gelände als Bergpark anlegen lassen.

Dabei hatte der Gartenbauer Andreas Weber alle typischen Elemente eines Parks integriert. Es gibt viele schöne Aussichtspunkte zur Burg. Über rund 100 Höhenmeter führen verschlungene Wege zu Mammutbäumen und riesigen Douglasien. Am Kavaliershaus findet man in einer winzigen Grotte als sakrales Element eine kleine Madonna. Nicht weit vom Haupthaus befriedigt das Schweizer Haus die Sehnsucht nach Ruhe und Bergromantik. Im Wirtschaftsgarten glänzen die farbigen Ziegel des Taubenhauses, das 2012 der Förderkreis Bergpark Anna neu hatte decken lassen. Bei der Anlage des Parks hatte Gartenbauer Weber geschickt Elemente der Kunst und Architektur mit der Natur verwoben. Alle typischen Elemente eines Parks sind vorhanden.
Rohde-Reith gab Einblick in die damalige Gedankenwelt. Der Geldadel hatte alles getan, um den echten Adel nachzuahmen. Man zeigte sich selbstbewusst. Allein durch ihre höhere Lage sah die Industriellen-Villa auf das ehemalige Machtzentrum des Adels, die Burg, herab. Man gönnte sich einstmals adelige Privilegien wie Taubenhaltung und die Jagd.
Der Neufville-Turm war zu Zeiten seiner Erbauer Bibliothek und Jagdzimmer. Heute bekommt man am Wochenende auf der Terrasse des beliebten Ausflugziels Kaffee und Kuchen und genießt den Blick auf Eppstein.
Wie grandios ihr Bergpark angelegt war, konnte die Familie seinerzeit nur erahnen. Die heute mächtigen Bäume waren damals noch klein. Insgesamt hatten die Neufvilles nur kurze Zeit Freude an ihrem prachtvollen Zuhause, obwohl die Anlage für viele Generationen konzipiert war. Anna und Alfred starben früh. Der Park verfiel in einen Dornröschenschlaf und wucherte zu. 2004 gründete sich der Förderkreis Bergpark Villa Anna. Er möchte den Bergpark zu neuem Leben erwecken, damit möglichst viele Menschen ihn genießen können.
Viel hat der Förderkreis schon erreicht. Wichtige Sichtachsen sind freigeschnitten, der Wildwuchs ist eingedämmt und die verschlungenen Wege sind freigelegt.

Förderkreis sucht dringend Helfer im Bergpark

Der Förderkreis organisierte bereits Autorenlesungen, Fotokurse und Führungen mit Themen für Kinder und Erwachsene. Doch nun braucht er handgreifliche Hilfe, um die „Prinzessin Bergpark“ nicht erneut in tiefen Schlaf fallen zu lassen.
Ein Park braucht gärtnerische Pflege, Wege müssen Instand gehalten werden. Arbeiten, die bis vor kurzem noch im Rahmen der Therapie von ehemals Drogenabhängigen erledigt wurden. Doch seit kurzem werden die Gebäude nicht mehr von der Therapeutischen Einrichtung für Drogen- und Mehrfachabhängige genutzt. Jetzt haben jugendliche Flüchtlinge hier ein vorübergehendes Zuhause, gehen zur Schule oder machen eine Ausbildung. Für Gartenarbeiten stehen sie nicht zur Verfügung. Genauso wenig wie die die meisten der Mitglieder des Fördervereins. „Wir haben zwar 60 Mitglieder, aber zu unserem Pflegeeinsatz vergangenen Samstag kamen außer den Vorstandsmitgliedern nur noch drei andere Helfer“, fasste Volker Papenhausen, Schatzmeister des Förderkreises, die bittere Erfahrung zusammen.
Wegen der Instandhaltung der Wege habe man extra eine Vorstandssitzung einberufen, um über Alternativen zu beraten. Es sei einfacher an Geld als an helfende Hände zu kommen, meinte er, doch für externe Pflege reichen die Finanzen bei weitem nicht aus. ffw