Bergpark hat jetzt ein Gesicht

22 Jan. 2011

Anna von Neufville und ihre beiden Töchter im Jahr 1890. Repro: Palmert

Wiesbadener Kurier vom 22.1.2011
Bergpark hat jetzt ein Gesicht

HEIMATGESCHICHTE 120 Jahre altes Foto der Gründerin Anna von Neufville und ihrer Kinder entdeckt

(ws). Ein bisher unbekanntes Foto aus der Gründerfamilie des Bergparks Villa Anna in Eppstein hat jetzt der frühere Museumsleiter und Stadtarchivar Bertold Picard seiner Amtsnachfolgerin Monika Rohde-Reith übergeben. Picard hatte im Rahmen seiner Forschungen Kontakt zu Alfred Andreae von Neufville, der in seinen Familienunterlagen ein altes Originalfoto fand: Es wurde etwa 1890 im Frankfurter Atelier von Arthur Marx aufgenommen und zeigt Anna von Neufville, geborene Mumm von Schwarzenstein, und ihre Töchter Clara (links) und Hilda.

"Das Foto ist von unschätzbarem Wert für die Eppsteiner Stadtgeschichte", so Picard. "Erstmals nach 115 Jahren haben wir jetzt ein Foto von Anna, der Frau des Frankfurter Bankiers Alfred von Neufville, der 1884 den eindrucksvollen Bergpark in Eppstein anlegen ließ". Nach ihr ist nicht nur die Villa, sondern auch der Park benannt.

Mosaiksteine
Picard forscht zurzeit über den Bergpark Villa Anna und seine Gründerfamilie. Im Rahmen seiner früheren Nachforschungen war das Frankfurter Institut für Stadtgeschichte bereits vor zwei Jahren auf ein Porträt des Bergpark-Gründers Alfred von Neufville aus dem Jahr 1900 gestoßen. Das neu entdeckte Foto der Anna und ihrer Kinder ist ein weiterer Mosaikstein inder noch nicht ganz erforschten Geschichte der Familie Neufville in Eppstein.

Diese ließ ab 1884 ein Anwesen inmitten eines Landschaftsparks auf dem Jähenberg oberhalb des Eppsteiner Stadtbahnhofs errichten. Zunächst nutzte die Familie die Villa als Sommersitz, ab etwa 1893 wohnte sie dauerhaft dort. In Eppstein endete auch das Leben des Ehepaares. Alfred starb im Jahre 1900, kurz nach der Verleihung der Eppsteiner Ehrenbürgerwürde, mit 44 Jahren. Anna war bereits 1896 im Alter von 36 Jahren gestorben. Bestattet sind beide im Familiengrab auf dem Frankfurter Hauptfriedhof. Hier ruhen auch die 1884 und 1886 in Frankfurt geborenen Töchter, die dann 1909 geheiratet hatten: Clara den preußischen Gardeleutnant Max von Dücker und Hilda den Frankfurter Kaufmann Bernhard von Bolongaro-Crevenna. Clara ging später mit ihrem Mann auf dessen schlesisches Gut, das sie 1945 verlassen mussten. Sie starb 1955, während ihre Schwester Hilda, die Mitgründerin des Eppsteiner evangelischen Kindergartens, schon 1918 im Kindbett verschieden war. Aufsehen hatten die Mädchen in Eppstein immer erregt, wenn sie, woran sich alte Einwohner früher gern erinnerten, in ihrem von zwei Ziegenböcken gezogenen Wagen herumkutschiert wurden. Der Clara-Hilda-Felsen, ein nun vom Verschönerungsverein Eppstein betreuter Aussichtspunkt über dem Daisbachtal, erinnert bis heute an die Schwestern.

Ziel der Forschungen Picards ist eine Veröffentlichung über den Bergpark Villa Anna und dessen Gründerfamilie. Einiges gilt es indes noch zu ermitteln. Während die Frankfurter Gartendenkmalpflegerin Barbara Vogt vor wenigen Jahren herausfand, dass der Frankfurter städtische Gartendirektor Andreas Weber den Park entwarf (und nicht Heinrich Siesmayer, wie lange angenommen), ist der Architekt der Bauten, unter denen neben der eigentlichen Villa besonders das Kutscherhaus, das Kavaliershaus, das Schweizerhaus, das Taubenhaus und der Neufville-Turm auffallen, immer noch unbekannt. Auch der Förderkreis Bergpark Villa Anna möchte den Namen erfahren, um die Parkbesucher noch besser über das bedeutende Kulturdenkmal informieren zu können. "Eine passende Gelegenheit dazu wäre der Offene Tag, den der Förderkreis zusammen mit der nun auf dem Jähenberg wirkenden Therapeutischen Einrichtung im Juni plant", regt Picard an.

Das neu gefundene originale Foto von Anna und ihren Töchtern wie auch das Porträt Alfreds gehen nun in die Bildersammlung des Eppsteiner Stadtarchivs ein. Das Stadt- und Burgmuseum erhält als Geschenk von Alfred Andreae von Neufville ein becherförmiges Gefäß aus blauem Glas in Silberfassung. Sie zeigt das Neufvillesche Wappen und die Initialen N und A, wobei das A sowohl für Anna als auch für Alfred steht. Zu ihrem Haushalt gehörte das gute Stück ehedem.