Exoten fühlen sich wohl

25 Jul. 2008

Höchster Kreisblatt vom 25.07.2008

Exoten fühlen sich wohl
Von Manfred Becht

Eppstein. Die Anlage rund um die Villa Anna am Hang südlich des Bahnhofes heißt zwar Bergpark, im Laufe der Jahrzehnte aber sind dort so viele Bäume gewachsen, dass ein Wald daraus geworden ist. Dass sich das Gelände wieder als Park präsentieren soll, ist beschlossene Sache, und es ist auch mit Protesten zu rechnen, wenn die Kettensäge in Aktion tritt. Allerdings sollen die Bäume, die historisch zu dem Park gehören, stehen bleiben, weshalb jetzt der Aschaffenburger Forstdirektor Hubert Rößner den Park unter die Lupe nahm, die Bäume bestimmte und kartierte.

150 bemerkenswerte Nadelbäume hat Rößner gefunden, außerdem 70 bis 80 Laubbäume. Darunter sind zwei rund 40 Meter hohe Mammutbäume, Esskastanien, Weymouthkiefern, griechische Tannen und orientalische Fichten. Sie alle sind mit bunten Kreuzen und Punkten in einem Plan eingezeichnet, der mit seinen Wegen den Eindruck erweckt, man könne sich damit auf dem Gelände zurecht finden. Dem ist aber gar nicht so, im Laufe der Jahrzehnte sind manche Wege verschwunden, andere dazu gekommen - es wird schon einen größeren Aufwand bedeuten, den Park in seinem früheren Zustand wieder herzustellen.
Entstanden ist der Park in den 1880er Jahren nach dem Bau der Villa Anna, dem Landsitz der Frankfurter Familie Neufville. Dem romantisierenden Geschmack dieser Jahre entsprechend wurden Fachwerk und andere traditionelle architektonische Formen verwendet, im Park entstanden künstliche Ruinen. Dazu passte natürlich kein akkurat gepflegter französischer Garten, sondern ein Park im englischen Stil. Wie sich erst neuerdings herausstellte, wurde der Park nicht von dem Frankfurter Gartenarchitekten Heinrich Siesmayer, sondern von seinem Kollegen Andreas Weber geschaffen. Exotische Bäume wurden in allen Anlagen gepflanzt, die in diesen Jahren entstanden, Siesmyer beispielsweise züchtete sie in einer eigenen Baumschule.
Der Förderkreis Bergpark Villa Anna ist auf Rößner aufmerksam geworden, weil dieser einen anderen Park kartierte, der im Auftrag der Familie Neufville im Allgäu angelegt worden war. Eine Woche lang hat Rößner gebraucht, um dies auch in Eppstein zu erledigen - der Park ist immerhin 70000 Quadratmeter groß, dazu kommen noch einmal 30000 Quadratmeter, die einst zu dem Gelände gehörten, aber gleich Wald geblieben sind.
„Der Zustand der Bäume ist durchweg gut”, fasst Rößner seine Beurteilung der Pflanzen zusammen, die er angetroffen hat. Größere Schäden gab es nicht, allenfalls ein paar kleinere, faule Stellen. Gerade die exotischen Bäume seien besser in Schuss als die einheimischen Gewächse, sagt Rößner.
Auch nach der Kartierung wartet auf den Förderkreis noch eine Menge Arbeit. Da es keine alten Pläne von dem Park gibt, möchte man einen solchen nun rekonstruieren; stützen kann man sich dabei auf Postkarten aus unterschiedlichen Jahrzehnten. „Das Familienarchiv der Neufvilles ist im letzten Krieg verbrannt”, weiß Eppsteins Stadtarchivar Bertold Picard. Er hofft, dass der zufall einen Plan oder andere Dokumente noch in eine der anderen Linien der Familie verschlagen hat.
„Burg, Bahnhof, Bergpark” - mit diesem Slogan unterstreicht Diana Seiler, die Vorsitzende des Förderkreises, die Bedeutung, die der Park in Eppstein hat. Sie weiß, dass ihre Bemühungen auch im Rathaus gerne gesehen werden. Ihr ist aber auch klar, dass die Stadt die Herrichtung des Parks nicht wird bezahlen können, und auch die in der Villa Anna eingerichtete Therapeutische Einrichtung kann die eventuell sogar siebenstellige Summe nicht aufbringen. Also muss man sich um Sponsoren bemühen, was sicher einfacher wird, wenn ein erster Teil des Parks wieder hergestellt ist. Aber auch alle anderen Ideen zur Finanzierung sind willkommen. Öffentlich zugänglich ist der Park derzeit in den Sommermonaten am Wochenende; Führungen sind für den 17. August und den 28. September geplant; die erste Kinderführung soll am 7. September stattfinden.