Lecker kochen mit Brennnesseln

15 Sep. 2012

Höchster Kreisblatt vom 15.9.2012

Lecker kochen mit Brennnesseln
Dass der Breitwegerich wie Erdnussbutter schmeckt und der nicht-giftige Giersch gut für Salat ist – das erfuhren die Teilnehmer eines Rundgangs im Bergpark Villa Anna.
Von Melanie Taylor

Eicheln finden Wanderer im Bergpark bislang nur vereinzelt auf dem Boden. In wenigen Wochen werden jedoch unzählige ovale Waldfrüchte herumliegen und wohl nur von Leuten aufgesammelt, die sie für eine herbstliche Dekoration verwenden. Markus Strauß plädiert dafür, die Nüsse anders zu nutzen: "Eicheln kann man essen", erklärt der Experte für Wildkräuter und essbare Waldfrüchte.
Der 45-Jährige steht an einem Aussichtspunkt im Bergpark, mit einem wundervollen Blick auf die Burgstadt. In diesem Moment schenkt ihm allerdings keiner der rund 20 Begleiter von Strauß seine Aufmerksamkeit. Zu gespannt sind sie darauf, wie sie Eicheln schmackhaft zubereiten können. Strauß schwärmt von leckeren Brotaufstrichen und empfiehlt, die Eichelmasse zum Mehl beim Backen von Brot, Kuchen und Plätzchen hinzuzugeben. Allerdings müsse man diese Nüsse, die viele Gerbstoffe enthielten, erst genießbar machen, sie nach dem Schälen zwei Tage in Wasser einweichen und eventuell eine Natrontablette hinzufügen. Die Eicheln, schildert Strauß, hätten viele Nährstoffe und, wie alle Nüsse, auch Fette, so dass sie gut seien, um gesunde Kalorien und damit Energie aufzunehmen. Wahre "Kraftpakete der Natur" seien auch Bucheckern, die man aber rösten müsse, um Giftstoffe zu beseitigen.

Kein Arme-Leute-Mahl

Es ist ein interessanter Rundgang durch den Wald, zu dem der Förderkreis Bergpark Villa Anna geladen hat: Strauß ist promovierter Geograph und hat außerdem Geologie sowie Biologie studiert. In seinen Büchern, Vorträgen und Seminaren vermittelt er Wissen über Wildpflanzen und ihre Nutzung. Er ist überzeugt, dass Informationen über Löwenzahn, Giersch, Vogelmiere und Esskastanien nicht verloren gehen sollten. Zu Unrecht seien etwa Brennnessel-Gerichte als Arme-Leute-Essen verschrien. Aus dieser Ecke sollten die Menschen sie jetzt, so viele Jahre nach dem Krieg, wieder rauslassen. Bedenken, die Wildkräuter, wie den Löwenzahn zu sammeln, weil er womöglich vom Fuchsbandwurm befallen sein könnte, versucht Strauß aus dem Weg zu räumen. "In allen Köpfen ist es leider drin", sagt er. Allerdings hätten Experten diese Warnung bereits wieder zurückgenommen. Vieles, was man im Supermarkt kaufe, sei ebenfalls im Freiland gezogen und somit ebenso gefährdet.
Vorsicht ist bei dem Genuss von Pflanzen aus freier Natur dennoch häufig geboten: So müsse man etwa lernen, die genießbaren von den giftigen Gierscharten zu unterscheiden, um die eiweißreiche Pflanze gefahrlos im Salat verarbeiten zu können. Besonders lecker findet Strauß die Samen einer recht unscheinbaren Pflanze, die er schon nach wenigen Metern am Wegesrand entdeckt: Leicht angeröstet und in die Margarine oder Butter gegeben, schmeckten die Flohsamen des Breitwegerichs wie Erdnussbutter, weiß der Experte. Wie man sich von dem, was man in der Natur findet, ernähren kann, ist aus Sicht von Markus Strauß nicht bloß etwas für Spezialisten. Es könne gerade in Zeiten, wo das Geld knapp ist, eine Beruhigung sein.
Der Förderkreis sammelt weiter Geld, um das Taubenhaus, dessen Ziegeldach im Frühjahr saniert wurde, nun innen instand zu setzen. 10 000 Euro wird es wohl kosten. Spenden können an den Förderkreis Bergpark Villa Anna, Taunus Sparkasse, Konto 50002829, BLZ 512 500 00, überwiesen werden.