Rund um die „Villa Anna” sind seit 125 Jahren zahlreiche seltene Pflanzen zu Hause

00 Jan. 2008

Wiesbadener Kurier vom 16.6.09
Im milden Klima gedeihen auch Exoten
BERGPARK
Rund um die „Villa Anna” sind seit 125 Jahren zahlreiche seltene Pflanzen zu Hause


EPPSTEIN (teg). Sich der weiten Welt öffnen und gleichzeitig als urbaner, wohlhabender Bauherr auftreten – das waren laut Dr. Bertold Picard die Motive jener Parkbesitzer Ende des 19. Jahrhunderts, die ihre Anlagen mit exotischen Bäumen und Büschen anreicherten. So zum Beispiel auch der Bergpark Villa Anna mit seinen rund 200 Gewächsen aus der ursprünglichen Parkzeit um 1884.

Orientalische Nadelbäume
Wie reich und vielseitig an so genannten „Exoten” die Anlage ist, hat der Historiker und stellvertretende Vorsitzende des Förderkreises Bergpark Villa Anna bei seiner „Einsteiger-Führung” quer durch den Park bewiesen. 35 Meter hoch schätzen einige der insgesamt knapp 40 Teilnehmer der Führung die 120 Jahre alte, orientalische Fichte. „Das Kiefergewächs aus Kleinasien ist aber nur 27 Meter hoch und kann bis zu 300 Jahre und 50 Meter hoch werden”, löst Picard das kleine Ratespiel auf, während die interessierten Eppsteiner auf den riesigen Baum sehen, der zu den originären Bäumen der Anlage gehört.

Vorbei an Mammutbäumen, Douglasien und Lärchen zog sich die Route, durch die Picard seine Truppe führte und dabei geschickt Natur- und Kulturhistorik miteinander verknüpfte. Dass der heutige Name „Bergpark Villa Anna” vom Förderkreis erdacht wurde und der Park ursprünglich gar keinen Name hatte, fasste der Historiker in seine Einleitung, in der er auch auf die wechselhafte Geschichte der Villen als einst von den Römer erdacht und während der Renaissance aus Italien nach Deutschland importiert, einging.

Eher Wald als Park
Picard verdeutlichte, dass das Gedeihen der Exoten teilweise auch mit dem milden Klima, das vom Mainzer Becken und dem Rheintal herrührt, zusammenhängt.

Die rund 100 000 Quadratmeter große Parkanlage ist von rund 50 Prozent Nadel- und 50 Prozent Laubbäumen und Büschen bewachsen, „die eher einem Wald-, als einem Naturpark ähnelt”. Sowohl Flora aus fernen Ländern – wie beispielsweise Rhododendren, japanischer Wacholder oder Pfeifensträucher – als auch heimische Gewächse sind hier zu finden. „Drei oder vier Bäume sind sogar älter als der Park, wie beispielsweise die Rotbuche oder die Stieleiche, die es auf gut 150 Jahre bringen”, merkte der Historiker an, während er die Gruppe entlang der geschlungenen Wege in Richtung der Villa führte. Dass die giftigen Eiben als immergrünes Nadelgewächs – ebenfalls im Park zu finden – während des Mittelalters für das Schnitzen von Pfeil und Bogen sehr beliebt waren oder der Rhododendron auf deutsch Alpenrose heißt, als Heidekrautgewächs eigentlich in Nordamerika und Asien zu Hause ist und hier in Eppstein bereits seit 100 Jahre wächst, erfuhren die Tour-Teilnehmer im Vorbeigehen.

End- und gleichzeitiger Höhepunkt der gut anderthalbstündigen Tour, bei der ein Höhenunterschied von gut einhundert Metern bewältigt wurde, war der Neufville-Turm, der 1894 für die Jagd- und Kunstsammlung der Besitzer erbaut wurde und heute im Besitz der Stadt Eppstein ist.